Einsam trotz Beziehung – Was ist passiert?

Mai 13, 2019

Wie glücklich man ist, wenn man endlich den Partner findet, der uns aus der Einsamkeit erlöst. Die Stunden des Tages vergehen wie im Flug und selbst der Einkauf im Supermarkt wird zu einem aufregenden Ereignis. Doch mit den Tagen und Wochen verfliegen auch Aufregung und Spannung, und plötzlich findet man sich in diesem unbehaglichen Gefühl wieder, das unser Anlass für die Suche nach dem Seelenverwandten gewesen ist. Wir fühlen uns allein, obgleich der Partner neben uns sitzt. Einsam trotz Beziehung – wie ist das möglich und was können wir tun?

 

Die Beziehung als Lösung

Wir sehen Partnerschaften gerne als Lösung all unserer Probleme. Vorrangig natürlich als jene gegen Einsamkeit. Und wer kennt dieses Gefühl nicht. In einer Welt voller Vorgaben und Regeln, in der man funktionieren soll wie ein Rädchen in einem Uhrwerk, und dabei oft vergisst, wer man wirklich ist, passiert es nur zu gerne, dass wir uns unverstanden fühlen, uns zurückziehen und schließlich einsam werden.

Dass wir einsam sind, führen wir auf unser Alleinsein zurück, denn wenn wir in Gesellschaft eines Menschen sind, der uns versteht und unsere Ansichten teilt, spüren wir Verbundenheit und Liebe, wir fühlen uns ganz und die Einsamkeit verschwindet.

Wir sind überzeugt: Die Liebe ist das Antidot gegen das Toxin Einsamkeit.

Und doch beobachtet manch einer von uns das Phänomen sich trotz Beziehung einsam zu fühlen. Man lebt gemeinsam wie bisher und doch will diese innere Vollkommenheit, die uns so glücklich gemacht hat, nicht wieder aufkommen. Was ist geschehen?

Einsam trotz Beziehung

Man kennt sie, diese Paare, die im Restaurant einander gegenüber sitzen und wortlos ihre Mahlzeit einnehmen. Sie bewohnen dieselbe Wohnung, doch scheinen sie zwei Fremde, die sich zu gewohnheitsmäßigen Aktivitäten wie den Abendnachrichten vor dem Fernseher einfinden und die sie stumm miteinander teilen. Man sieht sie gemeinsam in der Öffentlichkeit, doch Verbundenheit ist nicht zu erkennen.

Dabei gibt es verschiedene Konstellationen, die wir beobachten können. Jene, in der nur einer der Partner sich entfernt zu haben scheint und jene, in der beide kaum mehr Interesse aneinander zeigen. Die Einsamkeit, vor der uns die Beziehung bewahren sollte, ist zurückgekehrt. Einsam trotz Beziehung – wie ist das möglich?

Ist dieses Gefühl, das wir so fürchten, gar nicht von den äußeren Umständen abhängig? Ist es womöglich gar nicht das Alleinsein, das uns einsam macht?

Menschen in einer langjährigen Beziehung, in der sie sich von ihrem Partner entfernt haben, wissen, dass man nicht allein sein muss, um sich einsam zu fühlen. Allein und einsam ist nicht dasselbe, und bestimmt kennt ein jeder von uns eine Person, die gerne Zeit mit sich verbringt und dabei sehr glücklich ist, beziehungsweise Menschen, die ständig in Gesellschaft verweilen und sich dennoch einsam fühlen.

einsam trotz beziehung 2

Einsamkeit erzeugen wir selbst

Wer sich einsam fühlt, ist  zu einem alten Verhaltensmuster zurückgekehrt. Damals als man meinte, allein und unverstanden zu sein.

Tatsächlich sind dies Einstellungen, die aus Vorstellungen herrühren, die wir mit negativen Emotionen beladen und zu tief verwurzelten Glaubensgrundsätzen machen.

Sehen wir uns das genauer an.

Da wir als Kleinkinder von unseren Eltern abhängig sind, weil wir ohne sie nicht überleben können, beginnt die Notwendigkeit geliebt zu werden sehr früh. Weil wir unseren Platz in der Gesellschaft finden wollen, tragen wir dieses Muster oft lebenslang mit uns und versuchen, es den anderen recht zu machen (siehe auch: Mir ist nicht egal, was andere über mich denken).

Unsere Jugend ist eine prägende Zeit, da emotionsgeladene Prozesse, die wir in diesen Jahren gehäuft erleben, stark in unserem Körper abgespeichert werden. Wenn wir uns von unserem Umfeld unverstanden fühlen, wenig Zustimmung durch Freunde oder Familie haben, wenn wir meinen, nicht dazuzugehören, empfinden wir dies als Unwohlsein, ziehen uns zurück und trennen uns damit nicht nur äußerlich von unserer Umgebung.

Wir begreifen nicht, dass jeder Mensch eine einzigartige Sicht der Dinge hat und glauben, etwas sei mit uns nicht in Ordnung, wenn wir nicht ticken wie die anderen. „Keiner versteht mich“, „Wieso bin ich nicht so wie die anderen?“, „Was stimmt mit mir nicht?“ sind Fragen, die in uns keimen, sich wie Efeu durch unser System ausbreiten und uns dabei mit negativen Gefühlen ersticken.

Der Partner versteht uns

Schließlich lernen wir jemanden kennen, dem es ähnlich ergangen ist wie uns, und der unsere Persönlichkeit, unser Aussehen und jede Faser unseres Daseins faszinierend findet. Endlich fühlen wir uns verstanden. Endlich werden wir wieder geliebt. Man schätzt uns, man interessiert sich für uns und umgekehrt geht es uns ebenso mit diesem Menschen.

Wir erhalten die volle Aufmerksamkeit und erleben wie es ist, mit all unseren Sinnen bei einer anderen Person zu sein. Wir verlassen das alte Programm der Einsamkeit und genießen bewusst das Gefühl der Vollkommenheit und Verbundenheit. Wir sind verliebt.

Das Besondere am Verliebtsein ist, dass wir den Moment mit gesteigerter Aufmerksamkeit erleben. Dadurch sind wir nicht in dem Ich-Bewusstsein, das sich von seiner Umwelt getrennt hat, sondern erfahren den Augenblick und uns in einer Ganzheit. Das ist es, was uns glücklich macht.

Was wir allerdings in den meisten Fällen nicht realisieren, und so reflektieren wir im Nachhinein, dass es der Partner war, der uns dieses Glück beschert hat. Wir geben ihm damit eine Verantwortung, der er schlussendlich nicht wird standhalten können und die uns zurück in die Einsamkeit verbannen wird. Selbst wenn er uns nie verlassen sollte – so werden wir einsam trotz Beziehung.

Einsamkeit ist eine Einstellung

Nun finden wir uns seit Jahren in einer Beziehung mit demselben Menschen. Die Spannung ist einer Routine gewichen. Wenn der Partner von der Arbeit erzählt, ist unser aufmerksames Zuhören von einem inneren Monolog gestört, in dem wir noch einmal durchgehen, was wir später zu erledigen haben. Schließlich erzählt er oder sie sowieso immer dasselbe.

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Man lebt nebeneinander her. Man kennt sich, doch schätzt man sich noch? Warum kümmert man sich nicht mehr so umeinander wie am Beginn der Beziehung? Wo ist diese Liebe hin und warum ist das Gefühl der Einsamkeit zurückgekehrt?

In den Jahren der Beziehung passiert viel, was Spuren hinterlässt und es für uns schwer macht, so unbeschwert zu agieren wie am Anfang.

Einsam trotz Beziehung werden wir, weil wir uns wieder unverstanden fühlen. So wie früher in unserer Jugendzeit.

Wir haben unterschiedliche Rollen eingenommen und jeder scheint auf eigenem Posten zu kämpfen. Der andere sieht nicht, was wir tun und wir sehen nicht, was der andere leistet (Beispiel Rollenaufteilung Mutter – Hausfrau und Vater – Geldgeber). Jeder möchte für seine Leistung wertgeschätzt werden, doch keiner möchte dem anderen seine Wertschätzung geben.

Dabei war es genau das, warum wir uns anfänglich ineinander verliebt haben. Jeder hat dem anderen das gegeben, was er gebraucht hat, um sich gut zu fühlen. Hätten wir bloß erkannt, dass es nicht der andere war, der uns glücklich gemacht hat, sondern wir uns selbst zum Glück geführt haben.

Es sind nicht die äußeren Umstände, die uns glücklich oder einsam machen, sondern unsere innere Einstellung.

Wie kann ich meine Einstellung ändern?

Erst müssen wir lernen, diese Tatsache anzuerkennen, was vielen von uns sehr schwerfällt.

Ich selbst bin für mein Glück verantwortlich. Ich habe es in der Hand, mich einsam oder glücklich zu fühlen.

Aber wie?

Wenn wir etwas in unserem Leben verändern wollen, ist es vorrangig immer wichtig, die Ausgangssituation absolut ehrlich zu betrachten. In unserem Fall wäre es also sinnvoll, sich einzugestehen: „Ich bin einsam. Ich fühle mich unverstanden und von meinem Partner nicht mehr wertgeschätzt. Ich wünschte, er oder sie würde sehen, wie viel Arbeit ich mit den Kindern habe / wie sehr ich mich in der Arbeit anstrenge, um Geld für meine Familie zu verdienen. Ich fühle mich allein gelassen. Ich möchte wieder wichtig sein.“

Für Emotionen wie Trauer, Tränen oder Wut sollte Raum gemacht werden. Nimm dir Zeit für dich, ziehe dich anfangs etwas zurück und ergründe für dich selbst. Vermeide es, den anderen oder dich zu verurteilen. Entdecke und verstehe zuerst dich, denn was der andere denkt oder fühlt, kannst du niemals mit 100%iger Gewissheit erfahren. Aber dich kannst du vollkommen kennenlernen.

Und wenn du dich selbst verstanden hast, wirst du auch die anderen verstehen.

Ergründe dich im Alleinsein, aber lerne dich auch in der Dynamik mit deinem Partner kennen. Das bedeutet, dass du versuchst, dich in Auseinandersetzungen und Diskussionen zu beobachten, ohne dich in alte Verhaltensmuster hineinzusteigern. Das ist ein schwieriger Prozess, vor allem, wenn der Partner nicht auf dem gleichen Weg der Selbstfindung ist wie du. Dann werden alte Programme von ihm oder ihr abgespielt, die als Trigger fungieren, um deine Programme auszulösen.

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Doch wenn du es schaffst, diese Prozesse zu beobachten und sie schließlich zu verändern, dann besteht die Möglichkeit, dass auch dein Partner (überrascht durch deine Reaktion) versucht, sich anders zu verhalten. 

Entscheidungen treffen

Das ist die große Gabe, die wir als Menschen in diesem Leben mitbekommen haben.

Wir haben in jedem Moment die Chance, bewusst eine Entscheidung zu treffen und damit unser gesamtes Leben zu verändern.

Wir sind nicht dazu verdammt, immer wieder gleich zu reagieren. Wir können erkennen, reflektieren, entscheiden und handeln.

Wir erkennen, dass sich etwas nicht gut für uns anfühlt, denken darüber nach, was wir anders machen können, entscheiden uns für eine andere Variante und handeln danach. Das können wir solange anpassen, bis wir uns gut damit fühlen.

Und unser Gefühl sollte die Landkarte zu unserem Glück sein. Wenn sich etwas gut anfühlt, dann sind wir auf dem richtigen Weg. Fühlen wir uns schlecht, sind wir vom Weg abgekommen und müssen uns neu orientieren.

Sei dir bewusst, dass du selbst für dein Glück verantwortlich bist und versuche nicht, die Verantwortung deinem Partner zu übertragen. Möchtest du dein Wohlfühlen von irgendjemand anderes abhängig machen? Ist es nicht schön zu wissen, dass du es selbst in der Hand hast, ob du dich gut oder schlecht fühlst?

Unser Glück sollte stets oberste Priorität haben, denn es erleuchtet all unser Dasein wie die Sonne das Leben, erschließt Landschaften für Kreativität und lässt Freude und Ekstase darauf gedeihen wie die farbprächtigsten Blumen auf einer Wiese. 

 

Einsamkeit gibt es hier nicht, denn die Beziehung zum Leben ist jeden Tag neu und frisch, und eure Liebe zueinander an keine Bedingung geknüpft, denn ihr wisst um eure ständige Veränderung und nichts schätzt ihr mehr aneinander als niemals derselbe zu sein.

Über die Autorin

Dr. Anna N. Kluger

Früher als Ärztin tätig, ist Anna heute Autorin, Mentorin und Entwicklerin des Online-Kurses „Endlich glücklich!“ Neben ihren Büchern und ihrem Kurs teilt sie ihr Wissen und ihre Expertise auf YouTube, ihrem Podcast „Du hast mehr Macht, als du denkst“ und ihrem Blog. Zur Autorenseite auf Amazon

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